Auf der Plattformat fiverr.com und neuerdings auch fiverr.de bieten Freiberufler ihre Leistungen an. Von Coverdesign bis Logogestaltung, von Video bis Programmierung.

Fiverr gibt es seit 2010, dahinter steckt ein Startup aus Israel. Inzwischen unterhält die Firma Dependancen weltweit, auch in Berlin.

Dienstleistung für nur 5 Dollar?

Ursprünglich schrieb Fiverr einen Preis von 5 Dollar für seine Dienstleistungen (Gigs genannt) vor. Seit 2015 dürfen die Preise aber auch höher sein. Trotzdem hat und hatte Fiverr immer den Geruch des Billigheimers. Manche Anbieter verkaufen ihre Leistungen zu extrem günstigen Preisen, ganz abgesehen von unethischen Angeboten wie bezahlten Likes und Fake-Profilen auf Social-Media-Plattformen.

Und es gibt sie immer noch: Die Coverangebote für 5 Dollar. Grund genug für mich, um diese Plattform bisher einen großen Bogen zu machen. Denn für diesen Preis kann kein echter Kreativprofi in der westlichen Welt arbeiten. (Möglicherweise in Entwicklungsländern, deshalb tummeln sich auch viele Anbieter aus derartigen Bereichen unserer Erde auf dieser Plattform.)

Um niemanden vorzuführen nenne ich keine Namen und mache nur ungefähre Angaben. Außerdem wählte ich bewusst eine Gestalterin/einen Gestalter aus einem europäischen Hochlohnland.

Ein Cover über Fiverr, taugt das was?

Ein Kunde wollte ein Cover für sein Buch und fand meine Entwürfe gut. Dabei hätte ich es belassen können. Doch ich wollte es wissen: Kann das eine Fiverr-Designerin/ein Fiverr-Designer besser? (Was sicher nicht schwerfällt, ich bin Setzer, kein Grafikdesigner. Meine Cover sehen durchaus professionell aus, doch bei begabten Coverdesignern gibt es zusätzlich diesen Wow-Effekt.)

Außerdem wollte ich wissen: Wie funktioniert der Marktplatz? Wie ist die Zusammenarbeit? Wie klappt die Kommunikation? Und wie hoch sind die Kosten?

Ich hatte mir im Vorfeld schon einen Designer/eine Designerin ausgeguckt, bei dem/der mir die Entwürfe gut gefallen hatten. Bei ihm/ihr kosten die günstigsten Cover um 10 Euro und das Premiumpaket um die 30 Euro.

Die meisten Gestalter auf Fiverr überzeugen mich nicht: 95 % aller Anbieter arbeiten m.E. nicht auf dem Niveau, das ich von einem Grafikprofi erwarte. Fairerweise muss ich hinzufügen, dass die Grafikprofis, mit denen ich sonst zusammenarbeite, auch ein Mehrfaches für ihre Dienstleistung verlangen.

Anmelden und Gig in Auftrag geben

Das Anmelden ist unkompliziert, sogar ein Social-Media-Profil reicht aus. Die gesamte Plattform ist auf Englisch. Dann entscheidet man sich, ob man kaufen oder verkaufen will.

Schnell hatte ich besagten Gestalter/besagte Gestalterin gefunden und den teuerst-möglichen Gig in Auftrag gegeben, das waren hier mit

  • Expresslieferung in einem Tag,
  • speziellen Stockphotos inklusive und
  • Auslieferung der Originaldateien

etwas mehr als 50,- EUR. Die ersten beiden Extras brauchte ich nicht, doch bei dem deutliche höheren Gesamtpreis hatte ich kein ganz so schlechtes Gewissen mehr.

Wichtig sind die Originaldateien, damit man diese selber weiterbearbeiten kann! Bei Covern sind das in der Regel Photoshopdateien.

Dann hatte ich, so gut es ging, die Details in die Formularfelder getippt (Buchtitel, Untertitel, Klappentext) und ein paar Dateien hochgeladen (Klappentext als Worddatei usw.). Auch das Buchformat musste ich eingeben, im Beispiel: 17 × 24.

Die Bezahlung erfolgt vorab

Die Bezahlung erfolgt vorab, und zwar per Kreditkarte, Paypal o.ä. Auch deutschsprachige Kundinnen/Kunden werden mit allen möglichen Zahlungsalternativen gut bedient. Der Auftrag wird erst ausgelöst, wenn die Zahlung erfolgt ist.

Das Geld wird erst dann (abzüglich einer Provision von ca. 20 %) an die Auftragnehmerin/den Auftragnehmer weitergereicht, wenn ich als Kunde zufrieden bin und den Auftrag bestätige. Und das kann, wenn die Gestalterin die Option „unendliche Änderungswünsche“ anbietet, durchaus eine Weile dauern.

Das Ergebnis bekam ich tatsächlich am nächsten Tag, zusammen mit einem kurzen Textbaustein in Englisch. (Was mich sehr verwunderte, war der Gestalter doch lt. Profil offenbar ein „native speaker“ mit Muttersprache Deutsch.)

Das Ergebnis …

… werde ich hier nicht zeigen, aber meinem Kunden hat es nach einigem Zögern gut gefallen. Ich persönlich finde es von der Gestaltung her fantastisch!

Offenbar habe ich jemanden erwischt, der/die ein Händchen für gutes Design hat!

Ich war äußerst angenehm überrascht! (Zumindest vom Ergebnis, nicht aber von der Zusammenarbeit.)

Und der ganze Rest?

War für mich eher frustrierend. Die Kommunikation lief über englischsprachige Textbausteine ausschließlich über das Fiverr-System. Ich hatte nicht das Gefühl, dass man irgendwie auf mich eingeht, mich hört und versteht. Ich konnte nicht einfach und unkompliziert Kontakt aufnehmen und irgendwas besprechen. Meine Eingaben wurden nur zur Hälfte beachtet, meine Fragen tlw. ignoriert.

Es war wie die Zusammenarbeit mit einem Fließband: schnell, schnell und schon vorbei …

Ein Beispiel?

  • Angeliefert wurde das Cover im Format 6 × 9 Zoll, schriftlich beauftragt hatte ich jedoch das Format 17 × 24.

Das Cover kam zwar in einem Tag, die Formatänderung dann aber erst nach zwei weiteren.

Feintypografie? Mangelware!

Auch von Feintypografie schien mein Gestalter keinen Schimmer zu haben. Eine tiefgestellte Zahl in der Zeichenfolge SO2 (Beispiel) hat der Designer zweimal geflissentlich ignoriert, obwohl ich den Text in Word korrekt angeliefert hatte und obwohl diese Schreibweise im Allgemeinwissen der meisten Menschen verankert sein müsste.

Nach meinem Korrekturwunsch wurde die Zahl in einem Fall hoch- statt tiefgestellt, im anderen ignoriert. Hier hat jemand entweder überhaupt nicht begriffen, worum es geht oder einfach kein Interesse. Auch hier wieder: Fließbandprinzip …

Die Silbentrennung war falsch, da auf Englisch voreingestellt.

Mir ist aufgefallen, dass sich etliche Coverdesigner und -designerinnen tatsachlich wenig Gedanken um Feintypografie machen. Da findet man auf etliche Covern gerade Anführungszeichen oder gerade Apostroph-Zeichen. In meinem Augen sind das schwere typografische Sünden.

Viel Nacharbeit mit Photoshop

Im Endeffekt bekam ich von der Gestaltung her ein fantastisches Cover mit vielen Mängeln. Die ganzen Nacharbeiten blieben an mir hängen. Ohne Photoshop, Schriftenabo und grafisches Geschick wäre ich nicht weitergekommen.

So hatte der Kunde noch etliche Änderungswünsche, die ich dann selber in den Originaldateien vornehmen musste.

Irgendeiner muss zum Schluss ja auch den Barcode auf das Cover packen.

Die Nacharbeiten waren anspruchsvoll und haben Zeit gekostet. Wahrscheinlich habe ich weit länger am Cover gearbeitet als mein „am laufenden Band“ arbeitender Fiverr-Partner.

Fazit

Fiverr kann funktionieren, wenn man sich darauf einlässt:

  • dass man mit einem Fließbandarbeiter/einer Fließbandarbeiterin zusammenarbeitet, der/die die Anweisungen nur zur Hälfte liest.
  • man bereit ist, so lange Änderungswünsche zu formulieren, bis alles klappt.
  • in der Lage ist, Nacharbeiten selbst zu übernehmen (Photoshop- und Schriftenabo).

Idealerweise bereitet man alles gut vor, kennt die Parameter im Vorfeld, sucht sich das gewünschte Bild/die Abbildungen aus und schreibt alles (in Englisch) so idiotensicher wie möglich auf.

Ich persönlich bin nicht sicher, ob ich noch einmal die Dienste von Fiverr in Anspruch nehme. Dann beauftrage ich lieber meine hoch geschätzte Grafikdesigner-Kollegin Camilla aus dem Nachbarort. Das ist ein weit angenehmeres, da persönliches Zusammenarbeiten und dafür zahle ich gerne einen höheren Preis.